Kritische Universität Heidelberg
Arbeitskreis Psychoanalyse und Gesellschaft
GRUNDBEGRIFFE DER PSYCHOANALYTISCHEN
THEORIE FREUDS
Dipl.-Volkswirt Carsten Stahmer
69 Heidelberg, St. Petersstraße 14
Oktober 1969
Gliederung
1 Übersicht
11 Begriffe der Triebtheorie
12 Phasen des Triebgeschehens
2 Sexualtriebe – Ichtriebe
21 Ichtriebe
22 Sexualtriebe
23 Anlehnung der Sexualtriebe an die Ichtriebe
24 Verhältnis der Triebe zur Außenwelt
25 Lustprinzip – Realitätsprinzip
3 Narzissmus
31 Narzissmus – Ichlibido, Objektlibido
32 Narzissmus – Schlaf, Krankheit und Psychose
33 Primärer und sekundärer Narzissmus
34 Narzissmus – Egoismus
35 Narzissmus – Ichtriebe, Sexualtriebe
4 Lebenstriebe – Todestriebe
41 Persönliche und historische Gründe für die Einführung des Todestriebes
42 Übersicht Lebenstrieb – Todestrieb
43 Wiederholungszwang und die konservative Natur der Triebe
44 Lustprinzip – Nirwanaprinzip
45 Lebenstriebe: Sexualtriebe und Selbsterhaltungstriebe
46 Ich und Es
47 Desexualisierte Libido
48 Narzissmus – Ich und Es
5 Todestrieb: Sadismus und Masochismus, Aggression
51 Definitionen von Sadismus und Masochismus
52 Phasen der Sexualentwicklung
53 Masochismus – Sadismus (Vorstellung bis 1920)
54 Bemächtigungstrieb und Aggression (Vorstellung bis 1920)
55 Masochismus, Sadismus und Aggressionstrieb (ab 1920)
56 Triebmischungen: Todestrieb – Lebenstrieb
6 Graphisches Schema für die Triebtheorie
B. Wahrnehmung und Bewusstsein
1 Bewusstsein und psychische Qualitäten
2 Bewusstwerden von Vorstellungen
21 Voraussetzungen des Bewusstwerdens
22 Wahrnehmung und Denken
23 Wortvorstellungen und Vorbewusstes
24 Aufmerksamkeit und Überbesetzung
25 Drei Theorien des Bewusstwerdens
3 Das System Bewusstsein
31 Bewusstsein als topischer Begriff
32 System Bw-W und Ich
4 Halluzination und Realitätsprüfung
41 Halluzinatorische Wunschbefriedigung
42 Realitätsprüfung I
43 Urteilendes und reproduzierendes Denken
44 Halluzination und Traum
45 Realitätsverlust bei der Psychose
46 Realitätsprüfung II
5 Phantasie
51 Phantasie – Erinnerung, Denken, Halluzination
52 Unbewusste, vorbewusste, bewusste Phantasien
53 Phantasien und Realität
54 Wunscherfüllung in der Phantasie
1 Affektentwicklung
11 Physiologische Faktoren der Affekte – Definition des Affektes
12 Unbewusste Affekte
13 Affekte und Besetzungsenergie von Vorstellungen
2 Lust- und Unlustempfindungen
3 Phylo- und ontogenetische Herkunft der Affektentwicklung – Scham und Ekel als Beispiele
4 Primär- und Sekundärvorgänge – Lust- und Realitätsprinzip II
5 Das Ich als Affektquelle
6 Probleme der Angst
61 Angstsituationen
62 Innere und äußere Gefahr
63 Quantitative Probleme der Angst
64 Bemerkungen zur Angsttherapie
D. Abwehr, Ichideal und Über-Ich
1 Abwehrvorgänge
2 Abwehrvorgänge gegenüber Triebansprüchen
21 Verdrängung als Fluchtversuch
22 Verdrängung und Gegenbesetzung
23 Gegenbesetzung und Seitenbesetzung
24 Aufgaben der Verdrängung
25 Reaktionsbildungen und Ambivalenz
26 Reaktionsbildung, Seiten- und Gegenbesetzung
3 Abwehr gegenüber der Außenwelt
31 Verleugnungen und Realitätsersatz
32 Hemmung und Vermeidung
33 Regression vom Handeln zum Denken
4 Formen der Identifizierung
41 Introjektion
42 Nachahmung, Ersetzenwollen
43 Der Stellvertreter, Mischformen
44 Unterscheidungsmerkmale der Identifizierungsformen
45 Identifizierung – ein Abwehrmechanismus?
5 Ichideal
51 Bildung des Ichideals
52 Identifizierung – Ichideal
53 Ichideal, Identifizierung und Ichveränderung
54 Ichideal und Idealisierung des Liebesobjekts
6 Über-Ich
61 Überblick über die Stellung des Über-Ichs
62 Entstehung des Über-Ichs, Ödipuskomplex
63 Über-Ich und Ichideal
64 Über-Ich und Aggressionstrieb
65 Über-Ich und Schuldbewusstsein
66 Sadismus des Über-Ichs, Masochismus des Ichs
67 Über-Ich, Aggression und Gesellschaft
7 Sublimierung
71 Zielgehemmte Sexualtriebe
72 Sublimierte Sexualtriebe
73 Triebversagung und Sublimierungsfähigkeit
Grundlage der Ausführungen sind die Gesammelten Werke (Bd. I – XVIII) von Sigmund Freud im S. Fischer-Verlag, Frankfurt. a. M., 1964 – 1969.
Außerdem wurden die im Briefwechsel mit Wilhelm Fließ enthaltenen fragmentarischen Arbeiten Freuds herangezogen (abgek. F):
Aus den Anfängen der Psychoanalyse, Briefe an Wilhelm Fliess 1889 – 1902, Paperback, S. Fischer Verlag, Frankfurt a. M., 1962
Systematik und Betrachtungsweise können beeinflusst sein durch folgende Werke, die der Autor parallel zum Studium der Freud-Schriften las:
Gustav Bally, Einführung in die Psychoanalyse Sigmund Freuds, rde Bd. 131/32, Hamburg 1961
Charles Brenner, Grundzüge der Psychoanalyse, S. Fischer-Paperback, Frankfurt 1968
Otto Fenichel, The Psychoanalytic Theory of Neurosis, Routledge & Kegan Paul, London 1966 (Originalausgabe 1946)
Anna Freud, Das Ich und die Abwehrmechanismen, Kindler Taschenbücher Bd. 2001, München o .J. (Originalausgabe 1936)
Hermann Nunberg, Allgemeine Neurosenlehre, Verlag Hans Huber, Bern und Stuttgart 1959
David Rapaport, Die Struktur der psychoanalytischen Theorie, Klett Verlag, Stuttgart o. J.
Dieter Wys, Die tiefenpsychologischen Schulen von den Anfängen bis zur Gegenwart, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1961
Empfehlungen für weitere Lektüre von Schriften Freuds
Zu Teil A. Triebtheorie
Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie (1905), Ges. Werke Bd. V, S.27 – 146
Zur Einführung des Narzissmus (1914), Ges. Werke Bd. X, S.137 – 170
Triebe und Triebschicksale (1915), Ges. Werke Bd. X, S.210 – 232
Jenseits des Lustprinzips (1920), Ges. Werke Bd. XIII, S.1 – 70
Das Ich und das Es (1923), Ges. Werke Bd. XIII, S.235 – 290
31. und 32. Vorlesung zur Einführung in die Psychoanalyse, Neue Folge (1933), Ges. Werke Bd. XV, S.62 – 118
Zu Teil B. Wahrnehmung und Bewusstsein
Entwurf einer Psychologie (1895), in: Aus den Anfängen der Psychoanalyse, Briefe an W. Fließ, Frankfurt, S. 305 ‑ 384
VII. Kapitel der Traumdeutung (1900), Ges. Werke Bd. II/III, S.513 – 626
Der Dichter und das Phantasieren (1908), Ges. Werke Bd. VII, S.213 – 226
Formulierungen über die zwei Prinzipien des psychischen Geschehens (1911), Ges. Werke Bd. VIII, S.229 – 238
Das Unbewusste (1915), Ges. Werke Bd. X, S. 265 – 303
Metapsychologische Ergänzungen zur Traumlehre (1917), Ges. Werke
Bd. X, S. 412 – 426
Zu Teil C. Affekttheorie
VII. Kapitel der Traumdeutung (1900), Ges. Werke Bd. II/III, S.513 – 626
Jenseits des Lustprinzips (1920), Ges. Werke Bd. XIII, S.1 – 70
25. Vorlesung zur Einführung in die Psychoanalyse (1916 – 1917), Ges. Werke Bd. XI, S.407 – 426
Hemmung, Symptom und Angst (1926), Ges. Werke Bd. XIV, S.111 – 206
32. Vorlesung zur Einführung in die Psychoanalyse, Neue Folge (1933), Ges. Werke Bd. XV, S.87 – 118
Zu Teil D. Abwehr, Ichideal und Über-Ich
Abschnitte 1 – 3:
Die Verdrängung (1915), Ges. Werke Bd. X, S. 248 – 261
Das Unbewusste (1915), Ges. Werke Bd. X, S.265 – 303
Hemmung, Symptom und Angst (1926), Ges. Werke Bd. XIV, S.111 – 206
Abschnitte 4 – 7:
Die „kulturelle“ Sexualmoral und die moderne Nervosität (1908),
Ges. Werke Bd. VII, S.143 – 170
Zur Einführung des Narzissmus (1914), Ges. Werke Bd. X, S.137 – 170
Massenpsychologie und Ich-Analyse (1921), Ges. Werke Bd. XIII, S.71 – 162
Das Ich und das Es (1923), Ges. Werke Bd. XIII, S.235 – 290
Das Unbehagen in der Kultur (1930), Ges. Werke Bd. XIV, S.419 – 506
31. Vorlesung zur Einführung in die Psychoanalyse, Neue Folge (1933), Ges. Werke Bd. XV, S.62 – 86
Vorwort
Während der 68er Bewegung wurde auch in Heidelberg eine Kritische Universität gegründet. Ziel dieser Institution war es, den Studenten Informationen über gesellschaftliche Themen zu geben, die an der „traditionellen“ Universität nicht gelehrt wurden. Die Referenten, zu denen auch ich gehörte, waren in der Regel nicht Fachleute auf den betreffenden Gebieten, sondern hatten sich häufig erst kurz vor der Vorlesung den betreffenden Stoff angeeignet. Der lateinische Slogan von docendo discimus (durch Lehren lernen wir) galt für uns in besonderem Maße. Der Schwung, die Gesellschaft verändern zu wollen, gab uns auch die Kraft, uns über eigene Unzulänglichkeiten und Wissenslücken hinwegzusetzen.
Da ich mich damals sehr für die psychoanalytischen Konzepte Freuds interessierte und schon viel in Freuds Werken gelesen hatte, übernahm ich im Sommersemester 1969 den Part, im Arbeitskreis „Psychoanalyse und Gesellschaft“ die Triebtheorie Freuds und das Buch von Herbert Marcuse Triebstruktur und Gesellschaft vorzustellen. Wegen des populären Themas betrug die Teilnehmerzahl teilweise über hundert Zuhörerrinnen und Zuhörer; mit Begeisterung trug ich ein Wissen vor, das ich mir gerade selbst angeeignet hatte. In den folgenden Semesterferien arbeitete ich dann meine Vorlesungen zu Freuds theoretischen Überlegungen weiter aus und konnte zu Beginn des Wintersemesters ein umfangreiches Manuskript verteilen, das neben der Triebtheorie auch weitere Konzepte Freuds darstellte.
Mein besonderes Interesse galt den physiologischen Grundlagen der Freudschen Theorie. Ich versuchte, die Bezüge, die Freud zu körperlichen Vorgängen herstellte, besonders herauszuarbeiten und teilweise selbst zu systematisieren. Neuerdings hat gerade der körperliche Bezug der Freudschen Vorstellungen ein „Revival“ erlebt. Für diesen Themenkreis wurde der Begriff Neuro-Psychoanalyse geprägt (siehe z.B. Karen Kaplan-Solms, Mark Solms: Neuro-Psychoanalyse. Eine Einführung mit Fallstudien, Klett-Cotta, 2. Auflage September 2003). Es hat mich deshalb gereizt, das nun schon vor über fünfunddreißig Jahren geschriebene Vorlesungsmanuskript wieder hervorzuholen und in elektronischer Form für eine Diskussion mit Experten bzw. für eine Präsentation im Internet bereitzustellen.
Notwendig erscheint weiterhin, den Text auf der Grundlage neuerer begriffsgeschichtlicher Studien und zusammenfassender Darstellungen Freuds zu überprüfen und ihn – falls es zur Klärung der dargestellten Begriffe nötig ist – etwas zu erweitern. Dabei erscheint vor allem ein Abgleich mit dem von Humberto Nagera herausgegebenen Band Psychoanalytische Grundbegriffe – eine Einführung in Sigmund Freuds Terminologie und Theoriebildung (S. Fischer Verlag Frankfurt a, Main 1974) reizvoll. Dieses Buch verfolgte – allerdings sehr viel ausführlicher auf mehr als 550 Seiten – ebenfalls das Ziel, an Hand von Zitaten aus Freuds Werken die Begriffswelt seiner Theorien zu verdeutlichen.
Der vorliegende Text entspricht dem ursprünglichen Typoskript von 1969. Er wurde lediglich an die neuen Rechtschreibregeln angepasst, ferner wurden Schreibfehler korrigiert und unvollständige bibliographische Angaben ergänzt. Hinzugefügt wurde auch das Photo von Freud für das Titelblatt. So attraktiv allerdings auch die neuen Mittel der Textverarbeitung sind, mein wehmütig- nostalgischer Blick gilt den schon stark verblichenen Kopien des ursprünglichen Textes, den ich damals auf meiner Reiseschreibmaschine Gabriele tippte.
Carsten Stahmer April 2007
Hier können Sie die 68er Jahre – Vorlesungen über psychoanalytische Grundbegriffe an der Kritischen Universität Heidelberg aufgeteilt in 4 Hauptkapiteln, oder komplett herunterladen.
Komplette Vorlesungen über psychoanalytische Grundbegriffe (1,15MB) | |
A.Triebtheorie (163KB) | |
B.Wahrnehmung und Bewusstsein (101KB) | |
C. Affekttheorie (160KB) | |
D.Abwehr, Ichideal und Über-Ich (142KB) |